top of page

Der Nahost-Konflikt und die Linke hier: Stellungnahme des Grauen Blocks

Das Massaker der Hamas und der Gegenangriff der israelischen Regierung lösen unterschiedliche Reaktion und Aktionen aus. Mit wem solidarisieren wir uns? Der Graue Block positioniert sich.

Vorweg: Wir sind der Graue Block, ein paar unentwegte, widerständige alte Menschen, die in der Mehrzahl in ausserparlamentarischen linken Bewegungen gross und alt geworden sind. 

 

Wir sehen mit Entsetzen, wie sich Teile dieser Bewegung hier bei uns über alle Grundsätze unserer linken und antifaschistischen Haltung hinwegsetzen, indem sie kritiklos Parolen von nationalistischen oder religiös-faschistischen Gruppierungen übernehmen und sich bedingungslos mit diesen solidarisieren. Dabei werden Slogans mit antisemitischen Inhalten verbreitet und Aktionen durchgeführt, welche unsere jüdischen Mitmenschen in Angst und Schrecken versetzen. Wir finden, es ist gerade in solch schwierigen, zugespitzten Situationen zentral, an unsere Grundwerte zu erinnern und antifaschistische Grundsätze zur Beurteilung und Analyse beizuziehen.

Antifaschismus heisst für uns:

- kein Bündnis mit religiösen Fundis, weder mit der Hamas noch mit anderen solchen Gruppen, egal ob

  sie sich als links, rechts, christlich, muslimisch oder jüdisch verstehen.

- kein Anbiedern an die rechtsradikale israelische Regierung

- keine Akzeptanz der Siedlungspolitik Israels und der Vertreibung von Menschen

- kein Rassismus

- kein Antisemitismus

- keine Toleranz gegenüber homophoben, queer-feindlichen Haltungen

- keine patriarchalen Strukturen

- keine Legitimierung für Kriegstreiber:innen jeglicher Art

 

Antifaschismus und Links-Sein bedeutet für uns, solidarisch zu sein mit den Menschen in Israel und Palästina, in Russland und in der Ukraine und überall auf der Welt, die den hohen Preis für das Agieren der Regierungen zahlen. In unserer Solidarität liegt eine grosse Kraft und sie gehört jenen, die unterdrückt werden; jenen, die keine Stimme haben.

Antifaschismus heisst auch, nach Leuten und Kräften auf allen Seiten zu suchen, die eine linke, progressive, emanzipatorische Haltung vertreten. Solche Menschen gibt es, und sie brauchen unsere Unterstützung mehr denn je.

Wir nehmen für keine der involvierten kriegsführenden Seiten Position ein. Wir schwenken keine Nationalflaggen, wir lehnen nationalistische Konzepte ab. Antifaschismus richtet sich gegen jegliche Diskriminierung, gegen alle Arten von totalitären oder religiösen Herrschaften und Systemen.

Das Einordnen der Ereignisse im Nahen Osten ist ohne Kenntnis der Geschichte nicht möglich. Darin spielen die grausame, jahrtausendelange Verfolgung von Juden und Jüdinnen in Europa, die Shoa, die Entstehung des Staates Israel, die Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung aus ihrer Heimat, die arabischen Kriege gegen Israel, die Besetzung palästinensischen Gebiets durch Israel, das Versagen der linken palästinensischen Organisationen, die aggressive Siedlungspolitik Israels, der Wahlsieg der Hamas 2006, die immer rechtsextremere Regierung Israels und viele andere wichtige Entwicklungen eine Rolle.

Antifaschist:innen können unserer Ansicht nach unmöglich zusammenarbeiten mit Organisationen und Personen, die sich mit der Hamas oder mit der jetzigen israelischen Regierung solidarisieren. Jenen, die aus zynischem Machtkalkül wahllos Menschen ermorden und in jeglicher Hinsicht gegen unsere Grundwerte verstossen, gebührt keinerlei Solidarität. Das gilt für beide Seiten.

Trotz unserer klaren Haltung bleibt ein grosses Unbehagen, weil jedes Statement gleichzeitig so viel Ungesagtes und Schweigen zu so vielen Untaten beinhaltet. Ganz so, wie Bertold Brecht dies in seinem Gedicht «An die Nachgeborenen»* beschreibt. Doch wir verstehen diese Stellungnahme als Basis zum Weiterdiskutieren und laden euch dazu ein, diese Diskussionen zu führen.

 

* https://www.lyrikline.org/de/gedichte/die-nachgeborenen-740

 

bottom of page