Fragen an die Stawa

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Sept. 2025 - Der Graue Block hat nach dem Urteil des Appellationsgerichts einige Fragen an die Stawa Basel. Hier sind sie:
Einleitung:
Am 28. Juli 2025 hat das Appellationsgericht Basel-Stadt die Beschwerde eines Teilnehmers der Basel-nazifrei-Demo vom 24. November 2018 gutgeheissen. Er wurde durch Gummischrot am Auge verletzt. Deshalb reichte er eine Anzeige gegen die verantwortlichen Polizeikräfte ein. Doch die Basler Staatsanwaltschaft weigerte sich, eine Untersuchung zu eröffnen. Mit einer sogenannten Nichtanhandnahme-verfügung hat die Stawa Ende 2023 jegliche Fragen zum Mitteleinsatz der Polizei unter den Teppich gewischt. Das gehe gar nicht, findet nun das Basler Appellationsgericht. Das Gericht fordert die Stawa dazu auf, «gegen die für den umstrittenen Mitteleinsatz verantwortlichen bzw. im Einsatz stehenden Polizeibeamten zeitnah eine Untersuchung zu eröffnen».
Dabei soll die Stawa prüfen, ob «der Mitteleinsatz – wie von filmenden Polizeibeamten vermutet (…) und vom Beschwerdeführer behauptet – tatsächlich als Ablenkungs-manöver diente, um den Standkundgebungsteilnehmenden (den PNOS-Leuten) den Abzug durch die Bleichestrasse zu ermöglichen.» Das Appellationsgericht bezeichnet die Behauptung der Polizei, sie sei vorrangig mit Steinen beworfen worden und habe deshalb Mittel eingesetzt, aufgrund der gesichteten Videoaufnahmen als «zweifelhaft».
Unsere Fragen: Beginnt die Basler Stawa nun tatsächlich «zeitnah» mit einer ernsthaften Untersuchung, die diesen Namen verdient? Oder macht sie weiter wie gehabt, indem sie mit Verzögerungen und Arbeitsverweigerung eine juristische Aufarbeitung des Polizeieinsatzes vom November 2018 verunmöglicht? Versteht die Stawa die Bedeutung des Begriffs «zeitnah»?
Gummischroteinsatz:
Mindestabstand nicht eingehalten?
Unter anderem kritisiert das Gericht, dass «der Standort der Polizeikette (…) in der Verfügung der Stawa falsch angeben wurde». Denn «entgegen den Ausführungen» in der angefochtenen Nichtanhandnahmeverfügung sei die Polizeikette «nicht deutlich hinter dem dritten Baum der Mattenstrasse» gestanden, «sondern ziemlich genau auf dessen Höhe und damit kaum 20 Meter vom Polizeiabsperrband entfernt (was der geforderte Mindestabstand gewesen wäre).»
Unsere Fragen: Warum hat die Stawa den Standort der Polizeikette in ihrer Verfügung falsch angegeben? Handelt es sich um eine bewusste Irreführung des Gerichtes oder einfach um schludrige Arbeit? Und wird die vom Appellationsgericht angeordnete Untersuchungen nun auf Fakten basieren und nicht auf Schutzbehauptungen?
Gummischrot viel zu lange eingesetzt?
Das Gericht fragt überdies, warum der Mitteleinsatz so lange dauerte und dies von der Stawa nicht als Grund für eine Untersuchung gewürdigt wurde. Wörtlich heisst es im Urteil: «Unklar ist und von der Staatsanwaltschaft in der angefochtenen Verfügung nicht weiter thematisiert wurde im Übrigen auch, weshalb die Polizei – obwohl die Demonstrierenden (mit Ausnahme des offensichtlich harmlosen, bärtigen Demonstranten mit dem Bier in der Hand) längst wieder hinter das gelbe Absperrband getreten waren und das Einsatzziel der Wiederherstellung des notwendigen Abstands wieder hergestellt war – den Mitteleinsatz nicht früher stoppt bzw. dieser noch eine längere Zeit anhält.»
Unsere Fragen: Warum kam es zum Mitteleinsatz und warum hat er so lange gedauert? Beides sieht das Appellationsgericht kritisch. Und warum wischte die Stawa alle diese berechtigten Fragen weg und lehnte eine Untersuchung ab? Ist die Stawa nun bereit, den wichtigen Fragen wirklich auf den Grund zu gehen, statt sie unter den Teppich zu wischen?
Was wurde im Nachhinein verändert bei den Polizei-Einträgen?
Das Appellationsgericht fordert in seinem Urteil insbesondere auch, dass «die Staatsanwaltschaft (…) die vom Beschwerdeführer gemäss der Darstellung im Sachverhalt beantragten Beweise abzunehmen» habe. In diesen Anträgen hatte der Anwalt des Klägers verlangt, die Stawa habe «in sämtliches Misstrauen ausräumender Art und Weise zu erklären, wie die Modifikationen der AVANTI-Einträge erfolgt seien, und was genau verändert worden sei. Schliesslich seien die Originaleinträge offenzulegen. (...) Subeventualiter sei die Staatsanwaltschaft zu verpflichten, (...) eine Hausdurchsuchung bei der Kantonspolizei Basel-Stadt durchzuführen und sämtliche relevanten Unterlagen im Zusammenhang mit der Gegendemonstration Basel-Nazifrei vom 24. November 2018 zu beschlagnahmen.» AVANTI ist das Einsatzleitsystem der Basler Polizei (und anderer Blaulichtorganisationen).
Unsere Fragen: Wie stellt die Stawa sicher, dass diese vom Anwalt verlangten und vom Gericht gestützten Abklärungen um Modifikationen in den AVANTI-Akten durchgeführt werden? Als Möglichkeit wird eine Hausdurchsuchung bei der Polizei erwähnt, um mutmasslich bisher nicht ausgehändigte Unterlagen und Dokumente sicherzustellen. Ist eine solche Durchsuchung eine Option für die Stawa? Und wenn nicht, warum nicht?
Werden die Verantwortlichen einvernommen?
Alles in allem zeigt das Urteil des Appellationsgerichtes, dass es erwartet, dass die Staatsanwaltschaft nun eine substanzielle Untersuchung durchführt und am Ende entweder Anklage erhebt oder eine ordentliche (und wiederum anfechtbare) Einstellung des Verfahrens verfügt.
Unsere Fragen: Welche Schritte sind bei diesen Ermittlungen konkret vorgesehen, damit die Stawa der Wahrheit auf die Spur kommt? Wird es zum Beispiel Einvernahmen der Verantwortlichen geben? Wenn nein, warum nicht?
Hat die Stawa eine politisierte Gesinnung?
Die Basler Staatsanwaltschaft behauptet immer wieder, sie sei völlig überlastet. Damit begründet sie lange Verfahrensdauern und diverse Versäumnisse.
Unsere Fragen: Wenn sie so überlastet ist, warum hat die Stawa dann Zeit, jedes Jahr Dutzende Strafbefehle und Gerichtsverfahren vom Zaun zu treten, in denen es oft um die blosse Teilnahme an unbewilligten Demos geht? Liegt da eine falsche Prioritätensetzung vor oder zeugt dies von einer politisierten Gesinnung der Strafverfolgungsbehörden, die eigentlich politisch neutral sein müssten?